Ergebnisse auf einen Blick
- Rückläufiger Wohnungsbau treibt Abwärtstrend an; Tiefbau leicht im Plus
- Geschäftsaussichten sacken auf 9-Monatstief ab
- Entspannung in Lieferketten lässt Einkaufspreise fast mit Rekordrate fallen
Der stark schrumpfende Wohnungsbau macht Deutschlands Bausektor weiter schwer zu schaffen. Laut der jüngsten Umfrage zum HCOB Bau-Index – durchgeführt von S&P Global – ging die Aktivität in diesem Bereich so massiv zurück wie seit dreizehneinhalb Jahren nicht mehr, was im Wesentlichen dem extrem hohen Zinsniveau geschuldet war. Darüber hinaus blieben die Baufirmen im Sparmodus und kürzten sowohl bei der Beschäftigung als auch bei der Einkaufsmenge erheblich.
Etwas Entspannung gab es an der Preisfront. So sind die Kosten angesichts fallender Rohstoffpreise und erbittertem Wettbewerb zwischen den Zulieferern mit annähernder Rekordrate gesunken. Gleichzeitig verkürzten sich die Lieferzeiten erneut rasant. Dennoch trübte sich die Stimmung in der Branche weiter ein, denn der Geschäftsausblick fiel auf den niedrigsten Stand seit neun Monaten.
Der HCOB Bau-Index Deutschland (PMI®) – ein saisonbereinigter Index, der die Geschäftstätigkeit des gesamten Bausektors abbildet – notierte im August bei 41,5 Punkten und damit etwas über dem 29-Monatstief von Juli (41,0). Trotz des Anstiegs auf den besten Wert seit drei Monaten verharrte der Index tief im roten Bereich unter der Referenzlinie von 50.
Stärkster Bremsklotz ist nach wie vor der Wohnungsbau, wo der stärkste Rückgang seit Februar 2010 verzeichnet wurde. Auch im Gewerbebau schlug wieder ein Minus zu Buche, wenngleich es etwas weniger deutlich ausfiel als zuletzt. Entgegen dem breiteren Trend wurden im Tiefbau zum ersten Mal seit sechs Monaten wieder Zuwächse verbucht.
Die anhaltende Zurückhaltung der Kunden in Verbindung mit den hohen Zinsen führte im August erneut zu kräftigen Einbußen bei den Auftragseingängen. Allerdings schwächte sich der Rückgang den zweiten Monat in Folge ab und war so geringfügig wie seit Februar nicht mehr.
Viele Unternehmen reagierten auf die geringere Auslastung mit weiteren Stellenkürzungen. Es war der siebzehnte Jobabbau hintereinander, der überdies so kräftig ausfiel wie seit über drei Jahren nicht mehr.
Auch die Einkaufsmenge wurde im August deutlicher reduziert als im Vormonat. Daneben führte der geringere Bedarf an Rohmaterialien dazu, dass der Druck auf die Lieferketten weiter abnahm, wodurch sich wiederum die Vorlaufzeiten zum sechsten Mal in Folge verbesserten. Die Verkürzung war erneut eine der markantesten in der Umfragegeschichte, schwächte sich aber vom Rekord im Juni etwas ab.
Die durchschnittlichen Einkaufspreise sanken im Berichtsmonat mit der zweitschnellsten Rate seit Beginn der Datenerhebung im Jahr 1999. Damit wurde fast der Wert von April 2009 – also inmitten der globalen Finanzkrise – erreicht. Der vierte Verbilligung hintereinander folgt auf eine Phase teils exorbitanter Inflationsraten in den Jahren 2021 und 2022. Die von Subunternehmern verlangten Preise stiegen derweil so geringfügig wie seit fast drei Jahren nicht mehr, während sich deren Verfügbarkeit abermals verbesserte.
Schließlich signalisieren die Daten, dass der Pessimismus im Baugewerbe wächst. Die Einschätzungen hinsichtlich der zukünftigen Auslastung verschlechterten sich den vierten Monat in Folge und erreichten damit nicht nur den niedrigsten Stand seit November letzten Jahres, sondern sackten auch noch weiter unter das langjährige Mittel.
Dr. Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank, kommentiert: “Im August ging die Bautätigkeit weiter rapide zurück, vor allem aufgrund eines starken Rückgangs im Wohnungsbau. Der desolate Zustand dieses Teilsektors lässt sich auf eine Mischung aus höheren Zinssätzen, inflationsbedingten Realeinkommensverlusten und unnötigen bürokratischen Hindernissen zurückführen. Nicht nur, dass das Ziel der Regierung, 400.000 Wohneinheiten zu bauen, in diesem Jahr nicht erreicht wird. Es sieht auch so aus, als würde Deutschland deutlich hinter den rund 290.000 Einheiten zurückbleiben, die im letzten Jahr gebaut wurden.
Die Erwartungen der Unternehmen deuten auf ein deutlich schwächeres Aktivitätsniveau in zwölf Monaten hin, was zu dem anhaltend starken Rückgang der Auftragseingänge und der Tatsache passt, dass der Materialeinkauf schneller reduziert wurde.
Das insgesamt miserable Umfeld lässt die Einkaufspreise schneller sinken. Auch die Preise der Subunternehmer sind wieder langsamer gestiegen und setzen damit den Trend fort, der seit Mitte letzten Jahres zu beobachten ist.
Im Bausektor geht die Beschäftigung weniger stark zurück als die Geschäftstätigkeit. Grund dafür könnte der bisher durchgängig angespannte Arbeitsmarkt sein, der sich jetzt auf ein etwas balanzierteres Niveau einpendelt.
Der Tiefbau ist ein Lichtblick, da die Aktivität hier im August zugenommen hat. Allerdings sollten wir aus einer einzelnen Zahl keine voreiligen Schlüsse ziehen, da dieser Teilsektor in der Vergangenheit recht volatil war.”